Dienstag, 3. April 2007
Bein als "Auslaufmodell"?
Bei meiner Suche nach Zukunftsvorstellungen und abwegigen Prognosen stieß ich auf diese besonders schöne Vorhersage aus den späten 50er Jahren.
Im Jahr 2000, so erklärte man damals in einer wissenschaftlichen Sendung, bräuchte der Mensch keinen Körper mehr. Es wäre technisch möglich, den Kopf vollkommen unabhängig von seinen Organen am Leben zu erhalten und man würde auf der Welt daher auch keine Menschen mit Körper mehr sehen, sondern nur noch Köpfe, die auf Flugobjekten wie kleinen fliegenden Untertassen hin und herschwebten.
Als Fan von Matt Groening’s Futurama ist man natürlich mit dem Prinzip von lebenden Köpfen in Käseglocken vertraut, aber dass Wissenschaftler einmal tatsächlich diese Vorstellung von der Zukunft hatten war mir nie so richtig klar. Ohne den genauen Wissenschaftlichen Hintergrund dieser Behauptung zu kennen, kann man natürlich davon ausgehen, dass eher ein technischer Prozess gemeint ist, als ein evolutionärer. Im Zuge der anhaltenden Vergeistigung des Menschen fiel wohl einigen auf dass das Leben als schwebender Kopf mindestens genauso inhaltsvoll wäre wie das Leben mit einem funktionierenden Körper. Da Untertassen sowieso immer gut in die Zukunft passen, kann man das Konzept ja ganz einfach weiterverfolgen. Im Grunde genommen brauchen wir ja nichts anders als eine Apparatur, die das Gehirn mit Sauerstoff versorgt. Soweit so gut, wir pumpen also Sauerstoff ins Gehirn. Wo wir gerade dabei sind - alle anderen Teile des Kopfes, das Gesicht zum Beispiel, brauchen ja auch Sauerstoff, also machen wir es noch einfacher, wir schließen an die Halsschlagader einfach eine kleine Dialyse an und dazu noch eine Pumpe, die Blut in alle Teile des Kopfes pumpt. Dann brauchen wir noch einen kleinen Apparat, der den molekularen Sauerstoff der Luft ins Blut versetzt und den Kohlenstoffdioxid wieder herausholt. Das Lymphsystem braucht ja kein Mensch, das knoten wir einfach zu. Der ganze Apparat passt mit ein wenig Kompression in ein handelsübliches Kopf-Ufo - schon haben wir unser schwebendes Gehirn. Ein Stück vom Hals müssten wir nur dann am Kopf lassen wenn wir wirklich Stimmbänder wollen und vielleicht nicht ganz sicher sind, dass der Mensch spätestens im Jahr 1999 mit Telekinese und Gedankenübertragung zu kommunizieren begonnen hat. Das herkömmliche und handelsübliche Kopf-Ufo müssen wir dazu natürlich auch erfinden, die Konstruktionspläne jedoch waren ja schon in den 50ern so gut wie angefertigt, also sollte es eine Leichtigkeit sein. Das ganze kann man natürlich auch ganz toll zu Hause anfertigen, alles was man brauch ist eine Schere, eine starke Säge, notfalls noch einen Knochenbrecher für die Wirbelsäule, ein Stück Metall, eine handelsübliche Pumpe mit Rückstauventil, zwei bis drei Kabel, ein rostfreier Blut-O2/CO2-Versetzer, ein paar Antigravitons, eine Handvoll guter Laune und eine Lebensversicherung. Bastler sollten keine Schwierigkeiten damit haben, man sollte nur daran denken die Pumpe und den O2-Versetzer anzuschließen bevor man alle Verbindungen kappt, sonst fallen die Hände leblos herunter und man kann den Kopf nicht mehr auf die Untertasse setzen.
Vielleicht wird mir hier fehlende Ernsthaftigkeit vorgeworfen, dazu kann ich jedoch nur sagen: natürlich! Selbst wenn es möglich wäre, einen Kopf von seinem Körper zu isolieren, vielleicht ist es das ja eines Tages, wer würde denn so etwas freiwillig mit sich machen lassen? Wie zur Hölle würde ein Mensch sich denn vermehren wenn man ihm seinen Körper abschneidet? Künstliche Befruchtung? Und woher soll man die Samen- und Eizellen bekommen, vielleicht aus der Speicheldrüse? Würde sie solche Zellen produzieren wäre wenigstens geklärt warum manche Mädchen denken sie könnten vom Küssen schwanger werden. Und nehmen wir an man würde die Samenzellen des Menschen, der sich mit diesem Ziel unters Messer legt irgendwie sichern und mit ihm in das kleine Ufo stecken, vielleicht zusammen mit einer kleinen Spritzpistole die er gedanklich steuern kann. Wie soll der weibliche Kopf denn die Zellen auffangen? Und wo soll sie dieses Kind austragen? Vielleicht in einem kleinen Plastikbeutel der unter das fliegende Ufo gehängt wird? Und wird das Kind nach seiner Geburt auch gleich zersägt? Wenn ja, von wem eigentlich, es hat ja keiner mehr Hände. Also nehmen wir an wir würden auch noch Roboterarme unten an das schwebende Ufo anhängen, die dieser mit seinem Kopf steuern kann. So ein Arm ist ja bekanntlich ein ganz tolles System, man kennt das von seinen eigenen. Eine Hand wird am ende angebracht und damit die Arme nicht einfach vom Ufo herabhängen bringt man gleich eine Art Korpus unten an, von dem dann die Arme abgehen. Das hat die Vorteile dass jetzt auch viel mehr Platz für die Lebenserhaltungsfunktionen des Kopfes da ist, hervorragende Idee, das System ist bald perfekt. Nun haben wir aber ein neues Problem, der ganze Apparat wird nun bald so schwer dass die paar Gravitons, die wir in die Untertasse mit eingebaut haben das Gerät nicht mehr zum schweben und fliegen bringen können.
Aber dafür haben wir ja gleich die nächste praktikable Idee, die ohnehin gleich viel billiger ist, wir machen den Korb unterhalb des Ufos einfach ein wenig länger und bringen unten noch zwei Stützen an, die den ganzen Aufbau stabilisieren und von Boden abstützen. Kriegte man diese Stützen jetzt auch noch beweglich hin, so könnte der Kopf sich mit seinem künstlichen Aufbau sogar hin und herbewegen, ich meine, wenn er schon nicht fliegen kann, wäre es doch nett, wenn er wenigstens ein bis zwei Spaziergänge machen könnte. So, jetzt haben wir aber plötzlich viele Einzelteile, die alle separat voneinander bewegt werden müssen, das kostet natürlich eine Menge Energie. Den Menschen jetzt mit Solarzellen umherlaufen zu lassen wäre natürlich nicht so sinnvoll, die produzieren leider nicht genug Strom für den ganzen künstlichen Körper. Aber es wäre doch eine grandiose Idee wenn dieser Körper nun seine Energie durch sein Umfeld aufnehmen könnte, also zum Beispiel indem er irgendetwas zu sich nimmt und zersetzt. Dazu schließen wir einfach einen künstlichen Magen an und einige Zusatzorgane die dafür sorge tragen, dass Nahrung richtig zersetzt, verwertet und ausgeschieden wird, immerhin haben wir in der künstlichen Blechhülle genug Platz dafür. Wenn wir aus den Armen und Beinen einfach nur Gerüste machen und mit biologischem Gewebe dafür sorgen, dass es bewegt werden kann, hätten wir auch die Schwierigkeit überwundern, aus der chemischen Energie in den aufgenommen Substanzen elektrische Energie zu machen. Prima, damit hätten wir es, ab morgen also wird jedem Neugeborenen der Körper abgeschnitten und der Kopf wird auf einen künstlichen anderen Körper besetzt. Den abgeschnittenen Körper ziehen wir einfach künstlich groß, denn da haben wir das ganze System ja schon fertig aufgebaut, also kann dieser Körper später einem anderen Neugeborenen dienen.
Jetzt wo ich mir diese Gedanken darüber gemacht habe, fällt mir auf, dass die Evolution es ja genauso gemacht haben könnte. Vielleicht waren wir ja von vorn herein als eine Rasse von schwebenden Köpfen gedacht. Da aber die Natur nicht gut mit der Metallverarbeitung umgehen kann und es allein nicht schafft, genug Gravitons zu isolieren, musste halt mit dem ganzen biologischen Firlefanz improvisiert werden.
Es ist doch phantastisch, auf welchen Umwegen die Natur ab und zu ihren Weg findet und ebenso erstaunlich wir es mit einigen Hilfsmitteln und wenigen Handgriffen, ganz im Stil der Evolution schaffen können, uns zu Köpfen zu machen, die auf Untertassen umherfliegen.

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Donnerstag, 29. März 2007
Schleudertrauma
Tatsächlich hab ich heute noch ein anderes Beispiel.

Es zeigen sich nämlich auch einige anderen Maschinen durchaus bereitwillig, ihrem Herrn das Leben weitestgehend schwer zu machen, zumindest wenn sie modern, neu und überhaupt viel besser sind als all ihre Vorgänger.
Gerade im letzten Jahr erfuhr ich an meinem eigenen Leib die argwöhnische Arbeitsverweigerung einer von mir (bzw. meiner Wg) gekauften Maschine. Als nämlich nach über 5 Jahren treuer Arbeitnehmerschaft meine alte Waschmaschine den Geist aufgab, so zögerten wir nicht lange, verabschiedeten uns von unserem alten Freund und kauften uns ein neues, vollautomatisches Waschcenter. Das gute Stück funktionierte ein gutes halbes Jahr, da war es mit dem neuen Arbeitsverhältnis schon wieder aus und sie verweigerte uns jeglichen Dienst. Vollautomatisch ging also diese Maschine in kürzester Zeit kaputt, genauso vollautomatisch verließ übrigens auch eine Menge Geld das WG-Konto Konto, denn die Service-Hotline der zuständigen Firma war selbstverständlich nicht gebührenfrei. Nach Stunden in Warteschleifen und Gesprächen brachten uns die zuständigen Mitarbeiter der Firma eine neue, noch viel modernere Waschmaschine. Was vorher vollautomatisch war, lief nun angeblich noch besser, vielleicht (superautomatisch?) und, als wollte es meine These bestätigen, die Maschine hatte eine Lebenszeit von ca. 5 Stunden, in dieser Zeit machte sie auf keinen Fall mehr als 100 Umdrehungen. Grandios, was für schnelle Maschinen man heutzutage konstruieren kann. Vollautomatisch nehmen sie sich selbst innerhalb eines halben Tages selbst auseinander, man braucht sie überhaupt nicht mehr mit sinnlosen Aufträgen und halbherzigen Reparaturen dazu zu drängen. Da spart man natürlich enorm viel Zeit, in der man die Maschine sonst anschreien würde, sie demotivieren, demoralisieren und ihr erzählen wie wenige Menschen sie lieb haben und sogar schon die anderen Maschinen hinter ihrem Rücken über sie reden. All diese Zeit kann man nun also in Quality-time mit der zuständigen (wieder einmal nicht kostenfreien) Service-Hotline investieren.
Danke für den Forschritt, noch vor 10 Jahren hätte sich die Menschheit nicht träumen lassen, dass sie ihre Waschbretter wieder aus dem Keller ziehen müssten. Wenn die nächste Maschine in die Brüche geht dann werde ich sie vielleicht behalten...die Arbeitseinstellung hat irgendwie etwas menschliches. Das finde ich gar nicht so unsympatisch Erinnert mich an mich selbst, irgendwie.
Vielleicht stelle ich sie aufs Sofa und stelle den Fernseher ein. Oder sie kriegt einen WoW-Account...

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Mittwoch, 28. März 2007
Schöner, neuer, besser=hässlicher, älter, schlechter?
Bei meinem heutigen Gang zur Bank ist mir mal wieder aufgefallen, wie wenig ich unseren technischen Fortschritt auf manchen Gebieten leiden kann. Ab und zu kriegt man einfach nur das Gefühl das alles, was schöner neuer und besser ist, gleichzeitig schlechter, störanfälliger und schnell älter ist.
Ist es nur mein Gefühl, oder werden beispielsweise Geldautomaten immer langsamer mit der Zeit?

Mittlerweile habe ich mir schon angewöhnt einen großen Bogen um ein neues Gerät zu machen, sobald ich in einer Bank neue und alte Geldautomaten nebeneinander sehe. Ich überlasse meine Geschäfte lieber dem scheinbar routinierteren Vorgängermodell. Ich habe ein wenig Angst, dass das neue und schöne Gerät nicht einfach nur funkelnd dasteht, sondern gleich vor Freude Funken sprüht, wenn ich nichts ahnend und hungrig, auf der Suche nach dem letzten Zehn-Euro-Schein meines Kontos, meine Karte an ihn gebe. Das ist zwar noch nicht vorgekommen, was jedoch nicht meiner Phantasie entsprungen ist, das ist die Tatsache, dass ich mir durchaus schon 15 ermüdende Minuten vor dem neuen Automat die Beine in den leeren Magen stand, weil ich es gewagte hatte, ihn nach Geld zu fragen. Für den gleichen Arbeitsauftrag brauchte das veraltete Modell am nächsten Tag ungefähr 45 Sekunden.
Natürlich nehmen wir so einer wichtigen Maschine die kleinen Aussetzer nicht übel, immerhin gibt sie uns Geld. Und Menschen sind oft bereit, sich von ihrem Geldgeber höchst fragwürdige Verhaltensweisen gefallen zu lassen.

Vielleicht fallen mir ja noch ein paar andere Beispiele ein...

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