Samstag, 2. Juni 2007
warum immer ich?
Wieviel Geld wird in der Bundesrepublik eigentlich dadurch gemacht, dass Menschen anderen Menschen Dinge aufschwatzen, die sie weder brauchen, noch wollen? Ich weiß, ich weiß, ich hab mich schon mal drüber beklagt, aber jügste Ereignisse zwingen mich dazu, mich nochmal darüber auszulassen?
Es reicht ja nicht, dass man überall angequatscht wird und zu unverbindlichen Beratungen gezwungen wird, nein, überall lauern die Verkäufer und Berater, man biegt um eine Ecke und *peng* ist man mitten in einem Beratungsgespräch über 200%ige Gewinnchancen bei der deutschen Klassenloterie, steht schon mit einem Bein im Buchclub oder wird in das gehobene Leben als Produkttester informiert. Wenn man nicht rausgeht - kein Problem, sie rufen an. Man nimmt nicht ab, sie rufen noch mal an. Man hat kein Telefon - kein Problem, sie kommen auch an die eigene Haustür. Und das beste an ihnen ist, man wird sie nicht los. Sie sind auf beiden Ohren taub und kennen kein Gegenargument. Sie haben einen Vertrag für Arcor unterschrieben? Kein Problem, Alice ist so günstig, da müssen sie einfach einen zweiten abschließen, sonst verpassen sie ihre Chance. Was zur Hölle soll ich mit zwei Telefon/Internetverträgen? Wenn ich diese Frage stellte werde ich mit einer ganzen Reihe von nutzlosen Informationen zugemüllt die wieder kein Mensch haben will, aber wenn ich den freundlichen aber irgendwie störenden Menschen an der Haustür wirklich auf das sachlichste aller Argumente herunterkürze und ihm so lange die Frage stelle, bis er sie tatsächlich beantworten muss, dann kriege ich nur starren und sabbern zurück. Muss man auf eine Schule gehen um so dummdreist zu werden? Bekommen die Menschen da beigebracht, wie sie andere so beständig nerven können, dass die ihnen etwas abkaufen nur um sie loszuwerden? Und wo ist die gute alte Tradition, irgendwo hinzugehen, wenn man etwas brauch? Ich schlage den meisten Verkäufern am Telefon oder vor meiner Haustür immer einen neuen deal vor und sage "Ab jetzt machen wir es anders. Wenn ich etwa von ihnen will, dann melde ICH mich." Und dann die Tür zu. Oder am Telefon - auflegen. Mehr hilft nicht. Man hat keine Zeit, ihnen zu erklären dass es hoffnungslos ist. Man kommt nichtmal zu Wort. Man hebt ab und sie sind schon in der Mitte des Satzes. In den seltesten Fällen, gerade so neulich, läuft ein solches Gespräch nach meinen Vorstellungen:

"hallo?"
"schön, dass ich sie erreiche, ich möchte ihnen heute ein einmaliges Angebot machen, das wir.."
Ich hatte schon genug gehört.
"halt halt halt! Was wollen sie mir verkaufen, in einem Satz mit höchstens drei Worten?"
Die Stimme am Ende ließ Überraschung und gleichzeitig Verwirrung zu mir herüberschwingen, ich hatte mein Ziel schon erreicht. Die zweifellos nette Stimme ließ für einen Moment nichts von sich hören, dann stammelte sie:
"SKL-Scheine?"
Jetzt hatte ich sie soweit und tatsächlich geschafft, das Gespräch zu dominieren. Ich hätte sie alles fragen können und ich wusste, sie hätte es mir erzählt. Ich hätte ihr meinen alten Schrott anpeisen können, sie hätte ihn gekauft. Zum doppelten Preis. Aber stattdessen beließ ich es bei "Danke für den Anruf und vielen Dank dafür, dass ich ihn nicht nochmal kriege".

Nach drei Monaten ohne Festnetzanschluss werde ich morgen mittag wieder ein Telefon anstöpseln. Ich wette sie haben mich vermisst. Sie werden mich Tag und Nacht anrufen. Alles werden sie mir verkaufen wollen, eine Handy-Partnercard, einen Urlaubsrabatt, Lottoscheine, eine Weinprobe, einen kaputten Vogelkäfig, eine Ratte für den kaputten Vogelkäfig, Scheiße, einen alten Schulbus, was auch immer, ich werde es kaufen. Ich habe keine Kraft mehr, mich gegen die Horden von wandernden Schlawinern zu wehren.

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